Marco Hasenkopf Eisflut 1784 Historischer Kriminalroman Broschur Köln Emons Verlag 2021 Originalausgabe 336 Seiten D 13 00 Euro Auch als E Book erhältlich ISBN 978 3 89705 940 5 emons verlag de von zwei kleinen Fenstern eine Bank auf der sich der Schnee türmte Venray rannte los doch als sie das freie Feld verließen und eine Streuobstwiese mit dürren Apfel und Birnbäumen betraten veränderte sich der Schnee unter ihren Füßen Wei cher Pulverschnee ließ sie fast hüfttief versinken Mittlerweile waren sie dem Bauernhaus so nah da half auch keine Tarnung mehr Damit saßen sie wie auf dem Präsentierteller Venray sah einen Lauf aus der Tür herausgucken und hatte gerade noch Zeit genug seine Männer zu warnen Die zweite Salve Gewehrschüsse kam sehr viel gezielter Nur knapp verfehlte eine Kugel Venray der sich tief in den Schnee drückte Einer seiner Männer hatte nicht so viel Glück Jetzt eröffne te sich vermutlich ihre allerletzte Chan ce die Situation zu ihren Gunsten zu entscheiden Zwar waren die Banditen im Haus deutlich besser geschützt und damit generell im Vorteil Doch wenn sie es schafften die Kate zu erreichen bevor die Räuber nachgeladen hat ten würden sie die Männer in einem schutzlosen Augenblick überraschen Es waren kaum mehr als vier Wa genlängen bis zum Haus Venray spu tete sich so schnell es der tiefe Schnee eben zuließ Doch es kostete Zeit und Kraft Seine Augen ruhten stets auf dem Bauernhaus Als er im Schatten der Haustür eine Bewegung wahr nahm schoss er mit der Flinte und er zielte einen Treffer Der Leichnam eines Räubers kippte aus dem Türrahmen vorwärts in den Schnee Venray zog seine Pistolen Nur noch eine Wagen länge und er hatte es geschafft Am Haus angekommen richtete er die vorgehaltenen Waffen in den Gang sah aber nur noch wie zwei im Dämmerlicht des Flurs kaum erkennba re Gestalten auf der anderen Seite des Hauses zur Vordertür hinausflohen Venray feuerte beide Pistolen ab traf aber nur die Türpfosten Er fluchte und drückte sich an die Hauswand um sei ne Männer nachrücken zu lassen Landreiter Carl schob sich geduckt durch den dichten Schnee und drück te Venray die nachgeladene Flinte in die Hand Gleichzeitig nahm er ihm die Pistolen ab um auch die wieder schussbereit zu machen Carl war flink Und in den Augen des jungen Gerichtsdieners brannte das Feuer der Rache Sie waren nur noch zu dritt Ihr vierter Mann lag tödlich verwundet auf der Wiese im Schnee Mit den Waffen im Anschlag ar beitete sich der kleine Trupp weiter in den schmalen Flur des Hauses vor Links von ihnen im halb offenen Stall raschelte etwas drei Gewehrläufe richteten sich auf einen abgemagerten Ziegenbock Nur kurz atmeten sie auf denn dichter Qualm drang nun aus einem Raum auf den Gang Die Räu ber hatten Feuer gelegt Venray befahl seinen Männern das Feuer zu löschen Er selbst erklomm die schmale Stiege schon eher eine Leiter als eine Treppe hinauf ins obere Geschoss Den Treppenabsatz hielt er dabei im Visier Er war noch nicht ganz oben angekommen da sah er bereits den ersten Toten Mitten auf dem Gang lag ein alter Mann inmitten einer längst getrockneten Blutlache Die Hände wa ren dem Alten auf den Rücken gefes selt Ein feiger Akt purer Grausamkeit Venray musste über den Toten hin wegsteigen um die anderen Räume durchsuchen zu können Auf der obe ren Etage gab es vier winzige Räum chen allesamt Schlafkammern die so niedrig waren dass er nur gebückt ste hen konnte In den vorderen Räumen entdeckte er drei weitere Leichen Eine ältere Frau sowie eine Frau und einen Mann in Carls Alter Anfang zwanzig Vermutlich eine weitere Magd und ein Knecht des Bauern Im letzten Raum jedoch verschlug es ihm vollends die Sprache In der Schlafkammer lagen zwei Kinder beide erschossen vor dem Bett ihrer Eltern die darin la gen Die Mutter geschändet und mit durchgeschnittener Kehle dem Mann steckte ein Dolch bis zum Schaft in der Brust Ein Massaker Sinnlos und uner klärlich brutal Was konnte es anderes sein als die pure Lust zu töten Unterhalb des schmalen Fensters kaum größer als eine Schießscharte sah er eine Wiege stehen Mit zittern den Fingern bewegte er sich darauf zu Er kam dem Fenster immer näher und musste schließlich nachschauen Venray fand seine schlimmste Befürch tung bestätigt Ein Säugling lag darin Das zarte Gesichtchen des kleinen Geschöpfes zeigte die blaugraue Ver färbung der Erfrierung Er konnte nicht fassen was er hier zu sehen bekam Und kaum konnte er glauben was dieses sinnlose Massaker in ihm auslöste Ein alter Schmerz an den er sich schon fast gewöhnt hatte brach mit ungeahnter Heftigkeit er neut hervor In diesem Moment zersplitterte das Fensterglas keine Armlänge von ihm entfernt Ein Bolzen blieb dicht neben seiner Schläfe in der Wand stecken sodass Venray sogar die Holzmaserung im Schaft des Geschosses erkennen konnte Rasch spähte er nach draußen um den Schützen zu suchen und fand ihn in einer unverglasten Fensteröff nung im gegenüberliegenden Bauern haus in der dritten Etage 93

Vorschau GMKG Magazin 2022 Seite 93
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