Räuber die sie jagten Das traf nicht auf das Landreitercorps zu das unter seinem direkten Befehl stand Doch das Oberbergische galt als besonders rau und wild Die Höfe waren abgelegen Die Menschen blieben unter sich Insgesamt bestand das bergische Landreitercorps aus hundertfünfzig Reitern die keine einheitliche Uniform trugen Das Corps war paramilitärisch organisiert Pferd und Waffen waren ihr höchstes Gut der Herzog zahlte ein eher mageres Grundsalär Einfache Soldaten wie der junge Leutnant Carl mussten sich durch Verhaftungen Geld dazuverdienen Die Anfälligkeit für Bestechung oder andere Gefälligkeits dienste war daher enorm hoch und ganz normale Praxis Landreiter Carl kam gerade mit verfrorenem Gesicht und in Begleitung eines anderen jungen Mannes auf ihn zu Der hier hat eine Frage an Euch wenn Ihr erlaubt sagte er Von dem anderen wusste er dass er Gerichtsdiener im oberbergischen Städtchen Altenberg war Ihm nickte er auffordernd zu Mit Verlaub darf ich fragen was habt Ihr gesehen Euer Hochgebo ren sagte er Wir nennen im Feld keine Titel entgegnete Venray hart oder willst du mich zur Zielscheibe machen Dann drückte er seinem Landreiter das Fernrohr in die Hand und sagte zu bei den Geht rauf und seht selbst Kein schöner Anblick Und haltet verdammt noch mal eure Köpfe unten Der Gerichtsdiener blickte Venray überrascht an Doch der Landreiter zog ihn mit sich und meinte Gaff den Kommandanten nicht so blöde an Jetzt weißt du warum ich so gern mit Venray reite Der Gerichtsdiener nickte eifrig froh darüber dass ihr Kommandant ihnen diese Erlaubnis erteilt hatte Augenblicklich robbten die zwei die Schneewehe hinauf und blickten über den Rand auf den Weiler Als sie kurz darauf wieder zu rückkamen bemerkte Venray den veränderten Gesichtsausdruck des Gerichtsdieners Du kommst aus der Gegend hier nicht wahr Kanntest du die Frau Der junge Mann nickte stumm die Tränen konnte er kaum beherrschen Sprich Else war ihr Name War Magd beim Ludwig Auf dem Jahrmarkt hat sie allen Kerlen den Kopf verdreht Er klang als wäre er selbst einer der Kerle gewesen Räuber Diebe und Soldaten die sich zu Banden zusammentaten gab es zuhauf Doch dieser Verbrecherhaufen hier fiel durch seine gottlose Skrupello sigkeit auf In einem Nest im Sauerland hatten sie eine Müllerin ermordet und kaum einen Stüber erbeutet Ande renorts zwei Bauernburschen für ein bisschen Butter erdolcht Nun hielt die Bande den Großbauern Ludwig dem der Weiler unter ihnen gehörte mit seiner Familie und dem Gesinde insge samt knapp zwanzig Personen in ihrer Gewalt Keiner wusste Genaueres Venrays Entschluss stand Das Risiko war hoch aber es musste gewagt wer den Vielleicht konnte er noch Leben retten Sie mussten den Schutz der einbrechenden Dämmerung ausnutzen Seinem Leutnant Winand Prins gab er das Zeichen zum Angriff Nach langen Dienstjahren und viel Erfahrung ver stand Prins seinen Befehlshaber nahezu wortlos Ladet eure Karabiner erhob Leutnant Prins seine Stimme um der Truppe Order zu erteilen Wenn wir unten den Wald verlassen zieht die Handschuhe aus damit ihr erst einmal besser zielen könnt Eure Finger wer den dann schnell eisig und taub das wird euch beim Schießen behindern Und denkt auch immer daran Den anderen geht es nicht besser als euch auch der Gegner friert Jetzt legt die weißen Laken um Macht euch bereit Wir stürmen Venray zog an seiner Pfeife doch die war schon seit Stunden kalt Der kalte Rauch schmeckte bitter Venray vertrat die Überzeugung dass eine Pfeife nahezu jederzeit geraucht wer den konnte Nur nicht eben dann wenn man Gefahr lief Räubern da durch seine Anwesenheit zu verraten Noch heute Morgen hatte er am Ofen gesessen und Zeitung gelesen Nun stand er im eisigen Nirgendwo im Angesicht eines bevorstehenden Ge fechts mit ungewissem Ausgang Egal wie gut man sich vorbereitete wie rou tiniert oder gar abgebrüht man darin war in den Kampf zu ziehen es gab keine Gewissheit ob man das Ende dieser Auseinandersetzung erleben würde Ob er sich jemals wieder einer guten Pfeife samt Lektüre erfreuen würde Das war eines der ungeschrie benen Policeygesetze das eigene Risi ko das man in Kauf nehmen musste Oder ob er dieses Risiko sogar suchte In diesem Moment aber dachte er weh mütig an den heutigen Morgen zurück Eine Zeitung ohne Pfeife das kam nicht in Frage Es war noch nicht ganz Mittag gewesen aber es drang kaum Helligkeit in den dämmrigen Raum Um besser lesen zu können hatte Venray eine Kerze entzündet Er hatte dem Knistern des Holzes im Ofen gelauscht und über den Rand seiner Zeitung aus dem Fenster hinausgeblickt Eisblumen zierten die Scheiben Auf dem Fenster brett draußen hatten sich einige Finger breit Schnee gesammelt Venray rückte näher an den Ofen und genoss die wohlige Wärme Er sog am Mundstück seiner Pfeife Nichts geschah Der Tabak war kalt Wittib zitierte Venray seinen Diener herbei Im Vorraum der Stube wurde ein Schleifgeräusch unterbrochen Noch bevor sein Diener erschien nahm Venray den Husten und den strengen Geruch des Alten wahr Du weißt doch wie sehr ich die kalte Pfeife hasse meinte er als Wit tib neben ihm auftauchte und eine frisch gestopfte Pfeife entzünden woll te Der Alte hatte ein hochrotes fiebri ges Gesicht Lasst mein Guter sagte Venray wohlgesonnen ich rauche sie selbst an 86

Vorschau GMKG Magazin 2022 Seite 86
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